Interview: Richard Walder, Urban Green Network, Chur
Bild: Max Walder
«Urban Green Network» Chur und Umgebung steht für ein lebenswertes, zukunftsfähiges urbanes Umfeld. Richard, was heisst das konkret für dich?
Ich beobachte seit einigen Jahren, wie in vielen Städten neu genutzte Grünflächen mit zahlreichen kollektiven Bewegungen entstehen. Diese urbanen Freiräume sind Experimentierflächen für ein gutes Leben in der Stadt. Sie erfüllen vielfältige soziale, gesundheitliche, wirtschaftliche, ökologische und wichtig insbesondere für die Stadt Chur, vermehrt klimatische Aufgaben. Mit meinem Netzwerk möchte ich auf diese Entwicklung hinweisen. Je mehr das Bewusstsein und der Druck aus der Bevölkerung wächst, umso mehr sollte dies bei den Entscheidungsträgern in der Politik, der Planung und der Verwaltung zu einem Umdenken und entsprechendem Handeln führen.
«Urbane Freiräume sind Experimentierflächen für ein gutes Leben in der Stadt. Sie erfüllen vielfältige soziale, gesundheitliche, wirtschaftliche, ökologische und vermehrt klimatische Aufgaben»
Wie innovativ erlebst du die Zusammenarbeit mit der Stadt Chur bei deinen Projekten und Ideen? Gibt es von ihrer Seite Unterstützung für deine Anliegen?
Es ist in Chur sehr schwierig, geeignetes Land für unsere Projekte zu finden. Das meiste Land gehört der Bürgergemeinde, dem Kanton oder der Stadt. Die Verantwortlichen tun sich schwer, sogenanntes Bauland für Gartenprojekte unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Es braucht Geduld und viel Überzeugungsarbeit. Erste Erfolge mit der Stadt Chur stimmen mich jedoch zuversichtlich. Uns ist es gelungen, den Mehrwert solcher Freiräume für die städtische Bevölkerung aufzuzeigen. So ist das Projekt des Vereins Churer Medizinalgarten erfolgsversprechend angelaufen. Kürzlich konnten wir mit der Stadt Chur einen Nutzungsvertrag für einen Bioterra-zertifizierten Schaugarten unterzeichnen. Und dank privatem Engagement ist das Projekt «Gartenkind» von Bioterra ebenfalls zu Pflanzland gekommen.
Als Forstingenieur sind Bäume dein Metier. Wie geht es den Stadtbäumen von Chur?
Stadtbäume haben es generell nicht leicht. Auch in der Stadt Chur verringern Feinstaub, Salz und Trockenheit aber auch Stamm- und Wurzelverletzungen deren Lebensdauer. Es wird versucht, Strassenbäume durch resistentere Sorten auszuwechseln. Eine teure Sisyphusarbeit! In einem Beitrag, den ich für den WWF-Graubünden verfasst habe, bin ich auf die aktuelle Situation bei den Churer Stadtbäumen eingegangen. Der Beitrag ist auf meiner Webseite als Download nachzulesen.
«Es wird versucht Strassenbäume durch resistentere
Sorten auszuwechseln. Eine teure Sisyphusarbeit»
Welche Aufgaben und Entwicklungen möchte das Netzwerk in Zukunft noch verwirklichen?
Urbane Freiräume sollten für und – ganz wichtig - mit den betroffenen Menschen geplant werden. Der Einbezug der Bevölkerung sollte kein notwendiges Übel,
sondern als gewinnbringende Chance betrachtet werden. Die Aufgabe von Behörden und Fachleuten ist es, die Anliegen der Nutzenden anzunehmen und überzeugende und langfristige Lösungen zu finden.
Ich werde mich mit meinem Netzwerk weiterhin engagieren, Anliegen aus der Stadtbevölkerung an die Verantwortlichen weiterzuleiten um realisierbare Lösungen zu entwerfen. So oder
so, es braucht viel Geduld und Überzeugungsarbeit.
rr/ 31.05.2018
Zur Person
Richard ist
Forstingenieur, hat in frühen Jahren Waldbodenkartierungen im Zürcher Unterland durchgeführt. Er wohnt seit 1992 mit seiner Familie in Graubünden, mitten in der Stadt Chur.
Seit 2018 leitet er die Regionalgruppe von Bioterra Graubünden und ist Bioterra Kursleiter.
Richard betreibt die Plattform www.urban-green-network.ch. Urban Green Network ist ein virtueller Treffpunkt für Menschen in Chur und Umgebung, die sich für ein lebenswertes, zukunftsfähiges und urbanes Umfeld interessieren und sich engagieren möchten. Es stellt interessierten Menschen in Chur und Umgebung Informationen zur Verfügung und dokumentiert konkrete Projekte zu vielseitigen Themen wie Stadtentwicklung, Gemeinschaftsgärten, Stadtbäumen und Stadtinsekten.